Fathia El Assal

Das Theater ist die Mutter aller Künste. Eine Wahrheit, die niemand bestreitet. So widme ich diesen Text dem Theater, meiner ersten und einzigen Leidenschaft.

Ich habe immer geglaubt, dass die Einzigartigkeit der Dramatiker von ihrer Menschlichkeit herrührt. Ihre Botschaft hilft den Menschen, über sich hinaus zu wachsen, sich von Frustration und Unterdrückung zu befreien und so ihre Würde zu spüren. Aber dieser Aufgabe werden sie nur gerecht, nur dann können sie Einfluss auf die Menschen nehmen, wenn sie ihr Handwerk und den Stil ihres künstlerischen Ausdrucks beherrschen. Sonst ist ihre Botschaft in den Wind geschrieben, ohne Spuren, ohne das eigentliche Ziel zu treffen. Wie in jedem Kunstwerk greifen Menschlichkeit, Höhe der Form und Authentizität ineinander und vermitteln so die Botschaft des Künstlers. Doch es wäre falsch zuglauben, dass einer dieser Faktoren die anderen überlagern kann.

Theater sei eine eigenständige Kunst, sagt man bei uns, die keiner überflüssigen Zutaten bedarf. Seine Dialoge müssen stark, präzise und bar allen Geschwätzes sein. Daher sagt man auch, das Wesen der Frau sei dem Theater fremd, denn die Frau könne sich nicht von ihrem Ego lösen, und sich demzufolge nicht objektiv ausdrücken. Das sagt man! Aber ich erwidere: die Frau, die über neun Monate neues Leben in ihrem Körper austragen kann, ist ebenso fähig, einem Schauspiel Gestalt zu geben. Unter einer Bedingung: sie muss eine wirkliche Dramatikerin sein.

Glücklicherweise hat sich das moderne Theater von den traditionellen Formen befreit – als ein Ergebnis mehrerer Phasen der Erneuerung. Diese begannen mit Pirandello, Bernard Shaw, Brecht und vielen anderen. Es folgte das Absurde Theater und das Theater der Negation bis hin zum experimentellen, avantgardistischen Theater. So ordnen sich heute nur noch wenige Autoren einem traditionellen Stil unter.

Für mein erstes Stück ("Women without Masks”) entschied ich mich für eine dramatische Formel, die uns in vielen modernen Werken vertraut geworden ist, das Theater auf dem Theater. An den Anfang von "Women without Masks" standen ein Aufschrei und eine Frage, denn ich fühlte mich geschwängert und erfüllt von Worten, die Jahrzehnte, ja, Jahrhunderte alt waren. War jetzt die Zeit gekommen, in der die Wehen einsetzten, und ich aus meinem Inneren die Worte freigeben und ins Leben werfen würde? Mein Wort! ... Meine Leidenschaft ... Meine Kindheit ... Mein Kind! Ich höre diese Stimme - so fern jeder Klage, jedes Seufzers. Jene Stimme, die zerschlagen und erniedrigt wurde. Deren Echo nachhallte, Generation um Generation. So wie durch die Geschichte der Menschen hindurch Verfolgung und Sklaverei schwer auf ihrem Gewissen lasten.

Ich weigere mich, eine Zeile zu Papier zu bringen, die nicht tief in meiner Seele entspringt. Nicht eine Zeile, in der ich nicht die Wahrheit über die Frau und die Kraft ihres Gebens sage. Ich habe von meinem Stift den Eid gefordert, sich meiner Hand zu verweigern, sollte ich auch nur eine Zeile schreiben wollen, die Schwäche und Frustration ausdrückt, und sich auch zu verweigern, mir zu gehorchen, wenn er spürt, wie ich mich feige vor der Wahrheit ducke. Und ich bat ihn, mir zu helfen, jene vielen Frauen in den Vordergrund zu stellen, deren Leben ich teile, indem ich mich ihnen nähere und ihre Stimme werde.

So können wir unverstellt voreinander treten und uns von dem Rost, dessen Schichten sich im Lauf der Zeit auf uns legten, befreien. Und anschreien gegen alle Umstände und Ereignisse, die uns daran gehindert haben, die mächtige Kraft unserer menschlichen Stärke zu leben.

Ich glaube, dass das Theater jenes Licht ist, das den Weg der Menschheit erhellt. Ein Licht, das die natürliche Verbindung zwischen uns und den Zuschauern herstellt, indem es ein Miteinander schafft – sei es im Dialog über den geschriebenen Text oder durch das Spiel auf der Bühne.